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Jabando - Im Kreisel der Zeit (1)

Liebe Jabando-Freunde,

für die Adventszeit habe ich mir eine kleine Überraschung ausgedacht, um Euch das Warten auf Weihnachten etwas zu versüßen: Eine kleine, bisher unveröffentlichte Jabando-Weihnachtsgeschichte!

An jedem Adventssonntag findet Ihr hier auf dem Blog einen neuen Abschnitt.

Viel Spaß beim Lesen!

Eure Annette

 

Jabando – Im Kreisel der Zeit

 

„Vorsichtig!“, rief Tom und schob einen schweren Kleiderständer zur Seite. Staub rieselte auf ihn herunter und er musste mehrmals niesen.

„Kannst du was sehen?“, fragte Jojo, dessen Kopf hinter ihm aus dem Boden auftauchte.

„Nicht viel“, erwiderte Tom und reichte Jojo erst einmal die Hand, um ihn hochzuziehen. Die beiden Jungen hatten vor lauter Langeweile beschlossen, den Dachboden zu erforschen, der nur über eine Leiter und eine Falltür zu erreichen war. Sie waren noch nie hier oben gewesen, weil ihre Eltern es ihnen immer verboten hatten. Aber da waren sie noch klein gewesen und hätten durch die Luke fallen können. Jetzt waren sie ja schon groß und konnten aufpassen.

Die einsame Glühbirne an einem der Dachbalken warf nur mageres Licht in den Raum. Es war eiskalt und roch muffig. Draußen war es den ganzen Tag noch nicht richtig hell geworden, denn der Himmel war wolkenverhangen und ständiger Schneeregen verleidete einem jegliche Lust rauszugehen. Eigentlich der perfekte Tag, um stundenlang zu zocken, aber leider hatten die Jungen ihre Medienzeit schon aufgebraucht und Mama hatte sich einfach nicht erweichen lassen, sie zu verlängern.

„Was hier alles für ein Zeug rumsteht“, bemerkte Jojo.

„Ja, Herr Munkel hätte seine helle Freude!“ Tom schob noch eine Kiste beiseite, um weiter in den Raum gehen zu können. Herr Munkel war ein alter Mann, der auf der Hauptstraße einen Gebrauchtwarenladen unterhielt. Die Brüder waren oft dort und halfen ihm beim Sortieren der Sachen, denn Herr Munkel war nicht mehr so gut zu Fuß.

„Oh, guck mal, hier ist unsere Duplo-Eisenbahn.“ Jojo hielt eine Schiene hoch. „Die könnten wir mit runter nehmen.“

Tom lachte und schüttelte den Kopf. „Nee, ich glaub so langweilig ist mir noch nicht.“

Stückchen für Stückchen kämpften sie sich weiter durch das Chaos, hoben alte Hüte und Lampenschirme hoch, öffneten Kisten mit Büchern und Aktenordnern und fanden Säcke mit alten Klamotten. Eine Wiege, ein kaputtes Schaukelpferd, kleinere Möbelstücke, je weiter sie nach hinten kamen, desto älter schienen die Sachen zu sein. Ganz hinten an der Stirnseite stand ein großer, alter Schrank.

„Wie haben die den denn hier rauf gekriegt?“, fragte Tom und legte den Kopf schief. Der Schrank war eindeutig größer als die Luke. Jojo öffnete eine der Türen.

„Marmelade?“, staunte er, als er die handbeschriebenen Etiketten auf einer ganzen Reihe von Einmachgläsern sah. Auch Tom riss die Augen auf.

„Alter, die würde ich im Leben nicht mehr essen!“ Mehrere Regalbretter waren gefüllt mit eingelegtem Obst, Gemüse und Marmelade. In ein anderes Fach war eine Holzkiste geschoben, die Tom jetzt herauszog. Vorsichtig hob er den Deckel an, fand aber keine vergammelten Lebensmittel.

„Das sieht aus wie eine Spielzeugkiste“, stellte Jojo fest. „Komm, die nehmen wir aber mit runter. Mal sehen, was da so alles drin ist. Hier oben ist mir jetzt echt zu kalt.“ Gemeinsam schleppten sie die Kiste zur Luke.

„Wie kriegen wir die jetzt die Leiter runter?“, fragte Jojo. Tom dachte einen Moment nach. „Ich hab ne Idee!“, rief er dann und ging noch mal bis ungefähr zur Mitte des Dachbodens. Er wühlte etwas herum und kam dann triumphierend mit einem Seil zurück. „Hier, das machen wir am Griff fest und dann lasse ich die Kiste runter und du nimmst sie unten an.“ Gesagt, getan.

 

In ihrem Spielzimmer angekommen klappten sie die Kiste wieder auf. „Guck dir das an“, sagte Tom ehrfürchtig, als er eine ganze Sammlung von Asterix Comics aus der Kiste nahm. Sie waren offensichtlich sehr viel gelesen worden. Jojo zog ein kleines Köfferchen heraus, in dem er eine Sammlung von Spielzeugautos fand. Eine Murmelbahn zum zusammen stecken mit einer ansehnlichen Sammlung bunter Glasmurmeln war genauso dabei wie ein alter Teddybär und ein kleiner, unscheinbarer Kreisel.

„Das ist von Papa“, sagte Tom und hielt den Teddy hoch. „Erinnerst du dich, wie wir neulich mal Kinderbilder von ihm angeschaut haben? Auf einem Bild hatte er diesen Teddy im Arm. Da hatte er aber noch zwei Ohren und Augen.“

Die Tür vom Spielzimmer ging auf und Mama kam mit einer Schale voll Plätzchen herein. „Hier Jungs, ich wollte euch ein wenig den Nachmittag versüßen.“ Sie stellte die Schale auf die Fensterbank und sah sich dann die Spielzeugkiste an. „Wo habt ihr das denn her?“

„Vom Dachboden“, erwiderte Tom. Er hatte eigentlich erwartet, dass Mama schimpfte. Sie hatten vorher nicht gefragt, ob sie auf den Dachboden durften. Aber Mama schien das ganz gelassen zu sehen und nickte nur kurz. Offensichtlich war sie sehr beschäftigt. Begeistert machten sich die Brüder über die Plätzchen her. Nachdem sie sie aufgefuttert hatten, hielt Tom nachdenklich den Kreisel hoch.

„Hat Papa nicht mal erzählt, er hätte einen Kreisel von Herrn Munkel geschenkt bekommen?“

Jojo stutzte und legte die Spielzeugautos beiseite. „Ja, aber er hatte gesagt, er hat ihn nicht mehr.“

„Vielleicht hat er ihn in die Kiste getan und vergessen. Weißt du noch, was mit dem Kreisel war?“

„Hm“, machte Jojo und dachte angestrengt nach. „Nicht mehr so genau. Irgendwas mit Zeit?“ Toms Gesicht hellte sich auf. „Ja, das war es! Zeit! Wenn man ihn gegen den Uhrzeigersinn dreht, dann verlangsamt er die Zeit. Und Papa hat’s nicht hingekriegt.“

„Meinst du, er macht die Zeit schneller, wenn man ihn anders rum dreht?“

„Ehrlich gesagt, glaube ich nicht, dass der irgendwas macht.“ Tom stand auf, setzte den Kreisel auf die Fensterbank und drehte ihn an.

„Ist doch ganz einfach“, bemerkte er und zuckte mit den Schultern.

„Jetzt hast Du ihn aber mit dem Uhrzeigersinn gedreht“, sagte Jojo, der sich neben ihn gestellt hatte. Tom versuchte es anders herum, aber der Kreisel flutschte ihm aus den Fingern. Nach ein paar weiteren Versuchen gab er auf. Er hatte es zwar geschafft, den Kreisel zum Drehen zu bringen, aber nur kurz. „Krass, das geht echt voll schwer.“

Jojo legte den Kopf schief, dann nahm er den Kreisel in die linke Hand und drehte ihn an. „Nicht schlecht“, sagte Tom anerkennend. Er versuchte es auch mal, bekam es mit links aber noch schlechter hin als mit rechts.

„Ich übe mal ein bisschen. Wer weiß, vielleicht kann man ja die Zeit zurückdrehen, wenn man ihn schnell genug dreht!“, meinte Jojo.

Jojo übte und übte, während Tom die Uhr im Blick behielt.

„So langsam glaube ich doch, dass es funktioniert. Ich starre diese Uhr jetzt bestimmt schon eine viertel Stunde an, aber es sind erst zwei Minuten vergangen. Wie krass!“

„Pass auf, jetzt kommt ein Superspin!“, rief Jojo und schaffte es tatsächlich, dem Kreisel einen solchen Schwung zu verpassen, dass er bald abzuheben schien.

Die Tür vom Spielzimmer ging auf und Mama kam mit einer Schale voll Plätzchen herein. „Hier Jungs, ich wollte euch ein wenig den Nachmittag versüßen.“ Sie stellte die Schale auf die Fensterbank und sah sich dann die Spielzeugkiste an. „Wo habt ihr das denn her?“

Jojo und Tom starrten sie fassungslos an.

„Äh, vom Dachboden?“, sagte Tom unsicher. Mama nickte nur und ging wieder raus.

 

Schaut am 2. Advent wieder vorbei, dann gibt es die Fortsetzung!

 

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