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Jabando - Im Kreisel der Zeit (2)

 

Jojo sah Tom an. Tom sah die Plätzchen an.

„Wo ist die Schale von vorhin?“, fragte er heiser. Jojo brach in irres Gelächter aus.

„Alter, das funktioniert! Wir können die Zeit zurückdrehen! Wie krass ist das denn?“

„Mach das nochmal“, krächzte Tom, aber Jojo schüttelte den Kopf.

„Erst essen wir die Kekse.“

Es glückte Jojo tatsächlich noch zweimal, den Kreisel so stark zu drehen, dass sie die Zeit um ca. eine halbe Stunde zurückdrehen konnten und jedes Mal kam ihre Mutter herein, um ihnen den Nachmittag zu versüßen.

„Ich glaub, jetzt ist mir schlecht“, stöhnte Jojo, nachdem sie den letzten Keks verputzt hatten.

„Ich hab ne Idee“, sagte Tom und fing an, in seiner Lego-Technik Kiste herumzuwühlen. „Wenn wir den Kreisel an einen Motor anschließen, dann können wir ihn so lange drehen lassen, wie wir wollen. Dann reisen wir noch viel weiter in die Vergangenheit zurück als nur ein paar Minuten.“

„Krass!“, rief Jojo. „Meinst du, das geht?“

Tom grinste. „Probieren wir’s aus!“

Stundenlang tüftelte Tom an seiner Konstruktion, während Jojo mit dem Kreisel dafür sorgte, dass die Zeit so gut wie stillstand.

„Okay, ich hab’s“, sagte Tom schließlich. „Ich denke, so müsste es funktionieren. Gib mir den Kreisel.“

Jojo kniete sich neben ihn und beobachtete, wie Tom den Kreisel in seine Lego-Apparatur einsetzte. Er musste noch einige Steine umstecken und ein Gummiband an den Griff des Kreisels machen, damit er sich wirklich vom Motor drehen ließ. Dann war er so weit.

„Bereit?“, fragte er Jojo mit aufgeregtem Blick. Jojo nickte nur und starrte auf den Kreisel. Tom schaltete den Motor ein und der Kreisel wurde gedreht. Erst passierte nicht viel, doch dann hatten die Jungen plötzlich das Gefühl, dass der Boden bebte.

Jojo sah erschrocken hoch. „O-oh“, sagte er nur. Ihm wurde schwindelig. Der ganze Raum schien sich zu drehen. „Ich glaube, du machst das besser wieder aus!“, rief er noch, bevor ein ohrenbetäubender Lärm losbrach und die Wände des Zimmers wie in einem Wirbelsturm auseinanderflogen. Tom und Jojo wurden ein kurzes Stück durch die Luft geschleudert und landeten im Schnee.

 

Einen Moment lang blieben beide reglos liegen. Dann rappelte sich einer nach dem anderen auf und sah sich um. Ihnen schwirrte noch immer der Kopf, aber die Welt um sie herum drehte sich nicht mehr.

„Wo sind wir?“, fragte Jojo heiser.

„Auf einem Feld. Im Schnee“, erwiderte Tom trocken, stand auf und klopfte den Schnee von sich ab so gut es ging. Jojo tat es ihm gleich.

„Eine interessante Frage wäre auch, wann sind wir?“, murmelte Tom vor sich hin. Die Gegend kam ihm schon irgendwie bekannt vor.

„Eine interessante Frage wäre auch, wo kriegen wir Stiefel und warme Jacken her?“, ergänzte Jojo. Er fing schon an zu bibbern.

„Wenn wir jetzt in Jabando wären, würde ich einfach sagen ‚es werde eine warme Jacke‘ und dann …“ *Plopp* machte es, und vor ihm lag eine warme Jacke im Schnee. Tom und Jojo sahen sich an.

„Wie jetzt? Hast du den Nintendo dabei?“, fragte Jojo fassungslos. Tom tastete seine Taschen ab, aber da war nichts. „Da, im Schnee!“, rief Jojo und bückte sich. Genau da, wo Toms Po gewesen war, lag der Nintendo. „Du hast drauf gesessen“, stellte Jojo fest und rieb den Nintendo schnell an seinem Pullover trocken. Dann sagte er, „Es werde eine warme Jacke und Schneestiefel. Und trockene Socken.“ Alles erschien wie durch Zauberhand auf dem Boden vor ihm. Mit den warmen Sachen fühlte er sich gleich viel wohler. Auch Tom stattete sich wintermäßig aus und bestellte auch gleich noch Handschuhe für sie beide.

„Anscheinend hat der Kreisel Jabando aktiviert“, mutmaßte Tom. „Das ist echt verrückt.“

„Steht irgendwas drauf?“

Tom sah sich das Display an. „Nein, da ist nichts. Wir haben offensichtlich kein Spiel gestartet, wo wir Level lösen müssen. Was machen wir jetzt?“

„Da vorn ist ein Junge“, bemerkte Jojo. Jetzt sah auch Tom, wie ein einzelner Junge mit einem Schlitten auf sie zukam. Einem alten Holzschlitten. Kurz vor ihnen blieb er stehen und sah sie schief an.

„Hallo“, sagte er. „Habt ihr keinen Schlitten?“

„Nö“, erwiderte Tom und sah den Jungen etwas genauer an.

„Hallo, ich bin Jojo und das ist Tom“, sagte Jojo. „Und wie heißt du?“

„Stefan. Wenn ihr wollt, können wir uns abwechseln. Da oben kann man echt gut rodeln.“ Er zeigte hinter ihnen den Hügel hinauf.

„Auja, komm Tom. Wir sind schon ewig nicht mehr Schlitten gefahren.“ Bei ihnen hatte es die letzten Winter nie genug Schnee gegeben.

„Wieso das denn nicht? Es liegt doch schon seit zwei Wochen Schnee. Ich bin jeden Tag hier zum Rodeln.“ Stefan stapfte vor ihnen den Hügel hinauf und zerrte den Schlitten hinter sich her. Tom und Jojo folgten ihm, aber Tom ließ sich etwas zurückfallen.

„Hast du seine Klamotten gesehen? Und die Handschuhe? Ich glaube, wir sind wirklich in der Vergangenheit gelandet. Wenn ich nur wüsste, wann!“, raunte Tom Jojo zu.

Jojo hatte noch gar nicht darauf geachtet. Es war ihm im Moment auch egal, er wollte Schlitten fahren. „Sollen wir zusammen fahren?“, fragte er, als sie oben auf dem Hügel angekommen waren.

„Naja, für drei Leute ist der Schlitten zu klein. Aber zwei gehen.“

„Fahr du ruhig zuerst“, sagte Tom großmütig. Jojo strahlte ihn an und setzte sich dann zu Stefan auf den Schlitten.

„Alles klar, festhalten!“, rief der und schon ging es los. Laut johlend schossen die beiden den Hügel runter, der von Stefans vorherigen Fahrten schon richtig vereist war. Tom trat von einem Fuß auf den anderen, während er wartete, bis die beiden wieder bei ihm angekommen waren.

„Das macht irre viel Spaß!“, rief Jojo ihm schon auf halber Strecke entgegen. Das konnte Tom nur bestätigen, nachdem er mit Stefan den Hang runter gesaust war. Nach einigen Fahrten probierten sie aus, ob sie nicht doch zu dritt auf den Schlitten passten. Es ging so gerade eben, aber beim ersten Hubbel in der Piste flog Tom hinten runter und der Schlitten bog ab, so dass Stefan und Jojo kopfüber in einer Schneewehe stecken blieben. Sie lachten sich alle drei kaputt, nachdem Tom den restlichen Hügel auf dem Po runter gerutscht war und die beiden anderen sich aus der Schneewehe befreit hatten.

„Seid ihr neu hier? Ich hab euch noch nie hier gesehen“, fragte Stefan, als sie sich wieder etwas beruhigt hatten. Bevor Tom und Jojo antworten konnten, tauchte eine Gruppe von Kindern auf, die ebenfalls Schlitten dabei hatten. Stefan sprang sofort auf.

„Jetzt wird es voll hier, lasst uns lieber gehen.“ Jojo und Tom zuckten nur mit den Schultern und folgten ihm.

 

Weiter geht's am 3. Advent!

 

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